Wir reden drüber
Jule ist 13 Jahre alt und lebt in einer suchtbelasteten Familie. Lange Zeit wusste sie nicht, dass es anderen Kindern ähnlich geht wie ihr. Wenn es zu Hause mal wieder drunter und drüber ging, fühlte sie sich komplett alleine - bis sie den Königshof kennenlernte. Jetzt schreibt sie über ihre Erlebnisse, um anderen Königskindern Mut zu machen.
Lange war es still hier, doch jetzt bin ich wieder da.Es gab in den letzten Monaten einfach nichts zu schreiben, weil alles gut war. Meine Mutter war nüchtern, wir waren alle glücklich und sie hatte endlich eine neue Arbeitsstelle gefunden. Vor zwei Wochen wurde sie dann wieder rückfällig. Ich muss ehrlich sagen, dass ich da mit gerechnet habe, aber trotzdem war es echt schlimm. Ich bin froh, dass es nur ein kurzer Rückfall war und das sie ihre Arbeitsstelle behalten durfte. Mal schauen, was jetzt noch in der nächsten Zeit alles passiert. Ich habe zwar kaum noch Hoffnung, aber ich versuche positiv zu denken... Was anderes bleibt mir halt leider nicht übrig.
Letzte Woche war unsere Ferienfreizeit. Es war echt schön. Wir haben ein Lagerfeuer gemacht, haben uns einen Parcours mit vielen verschiedenen Stationen gebaut, einen Spieleabend gemacht und noch vieles mehr... Wir haben uns aber auch mit ernsten Themen beschäftigt... Schließlich sind wir ja alle aus dem selben Grund da. Wir kommen alle aus suchtbelasteten Familien. Auf dieser Freizeit haben wir unter anderem über verschiedene Formen von Drogen gesprochen. Jeder hat sich eine Droge rausgesucht und dann haben wir jeder ein kleines Plakat gemacht. Da wir sonst hauptsächlich über Alkohol sprechen, war das sehr interessant. Am letzten Tag haben wir über das Risiko, das wir mit uns tragen gesprochen. Denn Kinder aus alkoholbelasteten Familien tragen ein hohes Risiko mit sich später auch so zu werden, wie die Eltern bzw. das Elternteil das bestroffen ist. Ich finde aber das ist ein sehr wichtiges Thema und man sollte keine Angst davor haben. Leider ging die Freizeit viel zu schnell um, aber ich freue mich auf die nächste.
Meine Mutter ist jetzt schon seit über einem Monat auf Langzeittherapie. Ich glaube ihr tut die Therapie sehr gut. Sie ist, wie schon mal gesagt, zum zweiten Mal da, weswegen sie auch schon alles kennt. SIe kommt uns immer am Wochenende für ein paar Stunden besuchen. Darauf freue ich mich immer sehr. Allerdings habe ich vor dem Tag Angst, an dem sie wieder kommt... Also ich meine wieder komplett nach Hause. Das dauert zwar noch ein bisschen, aber ich mache mir trotzdem schon Gedanken. Ich habe einfach Angst, dass es wieder so wird, wie beim letzten Mal. Letztes Mal hat sie nicht mal eine Stunde durchgehalten und hat sich schon auf der Heimfahrt was zu trinken geholt.
Ich gehe jetzt schon seit ein paar Wochen wieder zur Schule und darüber bin ich sehr froh. Ich habe zwar nur zweimal pro Woche Schule, aber ich bin trotzdem froh, wieder was zu tun zu haben. Ich kann auch endlich meine Hobbies wieder ausüben. Zwar mit Einschränkungen, aber das macht mir nichts aus. Das einzig nervige ist die Maskenpflicht und das meine Klasse in zwei Gruppen aufgeteilt ist, denn dadurch kann ich nicht alle meine Freunde sehen. Ich hoffe einfach, dass es nicht mehr lange dauert, bis alles wieder ganz normal ist. Meine Mutter ist ja jetzt schon seit ein paar Wochen auf einer Langzeittherapie. Damit komme ich eigenltich ganz gut zurecht. Ich kenne das ja auch schon, da sie letztes Jahr schon einmal da war. Ich fahre alleine mit dem Bus zur Schule und kümmere mich auch alleine um Hausaufgaben. Meine Oma kocht immer Mittagessen. Falls ich da aber mal keine Lust drauf habe, koche ich mir einfach selber etwas. Ich muss sagen: Ich bin schon sehr selbsständig.
Meine Mutter ist jetzt schon seit ein paar Tagen auf Langzeittherapie. Sie ist da jetzt zum zweiten Mal. Letztes Mal lief es leider nicht so gut. Sie hat sich nach 15 Wochen Therapie auf dem Heimweg schon wieder Alkohol gekauft. Daher habe ich leider nicht mehr ganz so viel Hoffnung. Trotzdem bin ich sehr froh, dass sie erstmal da ist. In der Zeit wo sie auf Therapie ist, brauch ich mir nämlich keine Sorgen um sie zu machen.
Heute war ein schöner Tag. Meine Mutter ist nüchtern, aber wer weiß, wie lange das noch so bleibt. Sie kommt mir im Moment ziemlich stabil vor und ich glaube auch, dass es ihr ziemlich gut geht. Trotzdem habe ich Angst, dass sie wieder rückfällig wird... Ich mache mir jeden Tag Gedanken darüber, wie es wohl wieder sein wird, wenn sie wieder trinkt...
Es ist spät in der Nacht. Meine Mutter liegt betrunken nebenan. Ich bin das schon gewohnt. Ich habe da einfach keine Lust mehr drauf. Jeden Abend muss ich mir Sorgen machen, dass nachts etwas passiert. Ich muss mich um alles kümmern. Ich muss sie jeden Tag so sehen. Das ist schlimm. Ich versuche, ihr einfach nur aus dem Weg zu gehen, wenn sie dann mal wach ist. Ich habe einfach keine Lust mehr darauf.
Heute war ein schöner Tag. Obwohl meine Mutter alkoholkrank ist, gibt es tatsächlich auch schöne Tage mit ihr. Leider geht mir das ungute Gefühl, dass sie vielleicht wieder was getrunken hat, nicht aus dem Kopf. Jeden Abend habe ich dieses Gefühl und ich kann nicht beschreiben, wie mich das nervt. Dieses Gefühl, nicht zu wissen ob sie was getrunken hat ist schlimm. Mir kam sie eben sehr komisch vor. Sie hat komisch geredet und unlogische Sachen gesagt. Eigentlich merke ich sofort, wenn sie etwas getrunken hat. Aber heute kann ich es echt nicht sagen. Ich muss aber auch sagen, dass ich sehr aufmerksam und vor allem sehr vorsichtig bin. Ich habe schon öfter mal gedacht, dass sie was getrunken hat, obwohl es dann gar nicht so war. Ich habe einfach Angst und vor allem überhaupt keine Lust, dass sie wieder betrunken ist. Jetzt muss ich abwarten bis morgen.
Hallo, mein Name ist Jule, ich bin 13 Jahre alt und meine Mutter ist alkoholkrank. Ich erzähle euch in meinen Texten wie ich mich fühle und was gerade bei mir los ist. Außerdem möchte ich den Menschen, denen es genauso geht zeigen, dass sie nicht alleine sind und das es trotzdem auch schöne Tage gibt. Ich würde mich freuen, wenn du mich begleitest.